17. September 2022 Verleihung des Bundesverdienstordens am Bande an Dörte Inselmann

Unsere Intendantin Dörte Inselmann wurde am 17. September 2022 mit dem Bundesverdienstorden am Bande für ihr Lebenswerk ausgezeichnet. Dörte Inselmann: "In über 40 Jahren Kulturarbeit in den Randgebieten Hamburgs ist es uns gelungen, kulturelle Angebote für Menschen jeglicher Herkunft zu schaffen. Heute lebt und präsentiert unsere Stiftung die kulturelle Gemeinschaft einer internationalen Stadtgesellschaft. Besonders am Herzen liegt uns die Förderung der jungen Generation. Seit nunmehr 15 Jahren profitieren Kinder und Jugendliche in ganz Hamburg von unseren kostenfreien Klangstrolch- und HipHop Academy-Angeboten. Die universelle Sprache dieser weltweit größten Jugendkultur vermittelt u.a. Werte wie Gemeinschaft, Gewaltfreiheit und Respekt und ermöglicht den Jugendlichen, ihren eigenen Lebensweg zu finden. Viele unserer jungen Talente verlassen die Academy als erfolgreiche Künstler*innen. Ihnen widme ich die Ehrung, die ich heute entgegennehmen darf. Ich sehe sie als Ansporn, die Bühnen in unserem Land für diese Kulturform zu öffnen und eine neue Diversität in der kulturellen Landschaft zu etablieren."

Das Grußwort zur Verleihung des Bundesverdienstordens am Bande im Rathaus von Senator Dr. Carsten Brosda

Sehr geehrte Frau Inselmann, 

Ihnen darf ich heute den 
„Bundesverdienstorden am Bande“ überreichen. 

Und das tue ich in tiefer Anerkennung für das, was einst – vor inzwischen mehr als 40 Jahren, in Billstedt begann – und heute stadtweit, deutschlandweit und in zahlreichen Kooperationen sogar weltweit ein „Aushängeschild“ für Hamburg ist: Ihre Arbeit im und mit dem Team der „Stiftung Kultur Palast Hamburg“. 

Im Namen der „Stiftung Kultur Palast“ steckt eine enorme assoziative Kraft. 
Le Corbusier erklärte: „Man schafft Steine, Holz, Zement herbei; man macht mit ihnen Häuser, Paläste, das ist Sache der Konstruktion. Aber mit einem Mal greift es mir ans Herz, tut mir wohl, ich bin glücklich, ich sage: Das ist schön. Die Kunst ist anwesend.“ Sein Blick auf Kunst war durch sein Wirken als Architekt geprägt, aber er hatte grundsätzlich erkannt: Ein Palast ohne Kunst und ohne Menschen ist nur ein großes Haus und viel lebloser Mörtel.
Von leblos kann in Ihrem „Kultur Palast“ zum Glück nicht die Rede sein, denn Ihre Arbeit stellt gerade die Menschen in den Mittelpunkt des Handelns. Mit den vielen Projekten und Programmen, die aus dem „Kultur Palast“ heraus auch über Billstedt hinauswirken, 
fördern Sie 

  • Teilhabe und Bildungsgerechtigkeit und 
  • stärken den gesellschaftlichen Zusammenhalt. 
  • Sie bieten vor allem Kindern, Jugendlichen und Heranwachsenden einen Ort und eine Bühne. 

Es ist ein starkes Signal der Wertschätzung, wenn man jede Woche zu seinem Hiphop-Kurs oder täglich in die Kita in einen „Palast“ gehen kann. 

Liebe Frau Inselmann, Sie haben von Beginn an erkannt, dass man Menschen am besten damit begegnet, ihnen Angebote vor der Haustür zu offerieren und sie wertzuschätzen, dort wo sie leben und so wie sie sind. 

Sie dadurch zu begeistern und ihnen die Möglichkeit geben, in den Austausch zu gehen und die eigene Kreativität kennen zu lernen. Der „Kultur Palst“ ist ein Stadtteilkulturzentrum im dreifachen Wortsinn: 

  • für den Stadtteil aktiv, 
  • kulturschaffend und vermittelnd 
  • und ein Zentrum der Nachbarschaft.

Apropos Stadtteil: Es kommt auch nicht von Ungefähr, dass der „Kultur Palast“ in Billstedt steht und die Stiftung von dort heraus wirkt. 

Billstedt ist mit seinen etwa 70.000 Einwohnerinnen und Einwohnern einer der größten Stadtteile Hamburgs und hat durch seine Struktur viele Herausforderungen zu meistern. 
Das Sozialmonitoring, eine wesentliche Grundlage für die Stadt, um soziale Entwicklungen zu beobachten und ihnen auch entsprechend zu begegnen, stellt – wie es im Bericht genannt wird – im östlichen Stadtrand überwiegend Gebiete mit „niedrigem oder sehr niedrigem sozialen Status“ fest. 

Mit einem hohen Anteil von Kindern und Jugendlichen mit eigener oder familiärer Migrationsgeschichte und einem hohen Anteil an Sozialleistungsbezieherinnen und -bezieher gibt es dort jede Menge Unterstützungsbedarf, um den Menschen vor Ort Zugang zu Bildung und Teilhabe zu ermöglichen. 

Genau dort setzen Sie an und bieten mit dem „Kultur Palast“ Angebote, die Kinder und Jugendliche spannend und attraktiv finden. Die Kurse und Kursleitenden finden die „richtige Sprache“ und helfen so dabei, Kompetenzen auszubilden, die nicht nur künstlerische und körperliche Fähigkeiten abbilden, sondern eben auch Selbstwert und Haltung stärken. So wird früh Resilienz geübt. 

Dieses Engagement kann dazu führen, dass Menschen, mit einem guten Instrumentenkoffer ausgestattet, trotz schwieriger Umstände 

  • einen Schulabschluss erlangen, 
  • eine Berufsausbildung oder ein Studium absolvieren 
  • und in ein selbstständiges Leben starten. 

Hier kommt noch eine weitere Facette ins Spiel, die wesentlich ist: 
Neben dem breiten Ansatz, der viele verschiedene Zielgruppen erreichen soll, erkennt die Stiftung, wo auch „Spitzen-Talente“ gefördert werden können und setzt diese, beispielsweise bei der HipHop Academy, in einem ausgefeilten Ausbildungssystem um. Die eine oder andere „Hiphop-Karriere“ hat im Kulturpalast ihren Anfang genommen. 
In den vielen Kooperationen mit Schulen und Kitas entwickeln Sie seit langem Programme für die „HipHop Academy“ oder die „Klangstrolche“, die im Schulcurriculum und Kita-Alltag fest eingeplant werden. 

Sie gehen aktiv raus aus dem Palast, nehmen Geist und Konzept mit und lassen die Idee über die gesamte Stadt verteilt erstrahlen.  Erich Kästner, dessen literarisches Wirken sich auch ganz wesentlich an Kinder richtet, hat es einst so formuliert: „Bei Vorbildern ist es unwichtig, ob es sich dabei um einen großen toten Dichter, um Mahatma Gandhi oder um Onkel Fritz aus Braunschweig handelt, wenn es nur ein Mensch ist, der im gegebenen Augenblick ohne Wimperzucken gesagt oder getan hat, wovor wir zögern.“

Und ich finde, liebe Frau Inselmann, das passt auch gut auf Ihr Wirken und den Geist, der dahintersteckt. Sie zögern nie! Sie handeln – und das immer dann –, wenn die gesellschaftliche Not groß ist und gehandelt werden muss. Sie können quasi über Nacht Programme und Projekte entwickeln, die treffsicher ihre Zielgruppe im Blick haben und im Sinne eines „soziokulturellen Ansatzes“ Menschen einbinden, bilden und zur ganz persönlichen (Weiter-)Entwicklung ermächtigen. 

Sie öffnen Ihre Palasttüren weit und lassen alle Menschen Platz finden und teilhaben. Programme wie die HipHop Academy oder die Klangstrolche sind bereits Exportschlager. Über die Arbeit des „Kultur Palastes“ hinaus sind Sie, liebe Frau Inselmann, eine der prägenden Figuren der Soziokultur in Hamburg. Zusammen mit vielen Aktiven der Stadtteilkultur gestalten Sie seit Jahrzehnten den Diskurs, bringen Kreativität in die Quartiere und Stadtteile und lassen Nachbarschaften kulturell und künstlerisch aktiv werden. 

Ihre Netzwerke gehen dabei weit über die soziokulturelle Szene hinaus. Sie binden alle Quartiersakteur:innen mit ein und entwickeln, wie beispielsweise mit der BilleVue, wiederkehrende Stadtteilangebote, die buchstäblich vom gesamten Stadtteil getragen werden. Schule, Kitas, Gemeinschaftseinrichtungen, Läden und Wirtschaftsbetriebe kommen zusammen, um etwas gemeinsam auf die Beine zu stellen. 

Etwas, das Zusammenhalt kreiert und immer wieder Räume herstellt oder öffnet, die wir gesellschaftlich dringend brauchen, um uns auseinanderzusetzen, miteinander zu diskutieren und kreativ zu sein. Gemeinschaft entsteht im Dialog miteinander und für diesen Austausch braucht es Räume, in denen sich alle Beteiligten sicher und wertgeschätzt fühlen. 

Liebe Frau Inselmann, ich gratuliere Ihnen im Namen des Senats herzlich zum „Bundesverdienstkreuz am Bande“.

 


Fotos: Gregor Fischer

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